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Kein Wechselmodell durch Gerichtsbeschluss

Beschluss des OLG Nürnberg vom 22.07.2011 Das Umgangs­recht soll dem Berech­tigten lediglich die Möglichkeit geben, sich laufend von der Entwicklung und dem Wohl­er­gehen des Kindes zu überzeugen und die zwischen ihnen beste­henden natür­lichen Bande zu pflegen. Dagegen dient das Umgangs­recht nicht dazu, eine gleich­be­rech­tigte Teilhabe beider Eltern­teile am Leben des Kindes etwa in Form eines Wech­sel­mo­dells (das Kind verbringt exakt gleichviel zeit bei Vater und Mutter abwechselnd) sicherzustellen. Schon deshalb ist fraglich, ob ein Wech­sel­modell im Rahmen eines Umgangs­an­trags vom Gericht ange­ordnet werden kann. Aber in jedem Falle müsste die Durch­führung eines Wech­sel­mo­dells dem Kindeswohl entsprechen. Dies erfordert seitens der Eltern ein hohes Maß an Kommu­ni­ka­tions– und Kompro­miss­be­reit­schaft. Bei einem zwischen den Eltern beste­henden ausge­prägten Streit– und Konflikt­po­tential dient die Anordnung eines Wech­sel­mo­dells nicht dem Wohl des Kindes.

Entwicklung der Rechtsprechung: Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge

Entwicklung der Recht­spre­chung zur Überg­angs­re­gelung des Bundesverfassungsgerichts Die Begründung der gemein­samen elter­lichen Sorge oder eines Teils der elter­lichen Sorge bei nicht verhei­ra­teten Eltern setzt voraus, dass das dem Kindeswohl dient. Fehlt die nötige Kommu­ni­ka­tions– und Koope­ra­ti­ons­fä­higkeit, dient die Begründung einer gemein­samen Sorge nicht dem Kindeswohl. Dabei ist uner­heblich, wer maßgeblich dazu beiträgt, dass die Kommu­ni­kation zwischen den Eltern nicht klappt. Amts­ge­richt Freiburg im Breisgau Der Wunsch der Mutter, berechtigt zu bleiben, Entschei­dungen für das Kind auch künftig allein zu treffen, überwiegt das durch Entscheidung des BVerfG gestärkte Eltern­recht des Vaters nicht. Es entspricht dem Kindeswohl, seine Eltern in wich­tigen Entschei­dungen für sein Leben als gleich­be­rechtigt zu erleben. Am Willen und der Fähigkeit des Vaters, das Kind zu behüten und zu beschützen, und es best­möglich zu fördern,  bestünden im vorlie­genden Fa

Unterhaltsanspruch nach Eintritt in Rentenalter

Urteil des BGH vom 08.06.2011,  AZ: XII ZR 17/09 Im Rahmen einer Abän­de­rungs­klage stellte sich die Frage, ob ab Renten­bezug der unter­halts­be­rech­tigten Frau noch immer Unter­halts­zah­lungen geschuldet sind. Denn laut Recht­spre­chung des BGH werden unbe­fristete Unter­halts­zah­lungen nach der Scheidung der Ehe nur dann geschuldet, wenn fort­dau­ernde ehebe­dingte Nach­teile nach­weisbar sind. Ab Renten­alter aber sollen die ehebe­dingten Nach­teile bei dem Erwerb von Renten­an­wart­schaften in der Regel durch die Durch­führung des Versor­gungs­aus­gleichs ausge­glichen sein. In diesem Fall jedoch hatte der Ehemann nur eine geringe Zeit der gesamten Ehedauer in die Renten­ver­si­cherung einbe­zahlt, die Ehefrau erhielt im Rahmen des Versor­gungs­aus­gleichs Anwart­schaften im Wert von nur DM 107,18, bei einer Ehedauer von 28 Jahren. Damit könnte ein fort­dau­ernder Unter­halts­an­spruch bestehen. Die Ehefrau hatte jedoch während der Ehe als Ausgleich für ehever­traglich ver

Alleinerziehende müssen Vollzeit arbeiten, sobald das Kind drei Jahre alt ist?

Urteil des BGH vom 15.06.2011, AZ: XII ZR 94/09 Diese Überschrift geben die Zeitungs­mel­dungen wieder. So steht es im Urteil: Das Gericht der vorhe­rigen Instanz hat keine ausrei­chenden Fest­stel­lungen getroffen, ob in diesem Fall eine persön­liche Betreuung der Mutter erfor­derlich ist und in welchem Umfang. Die Tochter besucht die dritte Klasse einer offenen Ganz­tags­schule (also Angebot einer Nach­mit­tags­be­treuung ohne verpflich­tenden Besuch für alle Schul­kinder). Das Ober­lan­des­ge­richt hat überwiegend auf das Alter des Kindes abge­stellt und behauptet, bei Betreuung von Kindern zwischen drei und acht Jahren sei die Mutter maximal zu einer 20-Stunden Tätigkeit verpflichtet. Sind die Kinder zwischen acht und zwölf Jahre alt, soll die allein­er­zie­hende Mutter zu einer Teil– bis Voll­zeit­tä­tigkeit verpflichtet sein. Der Bundes­ge­richtshof hält derart pauschale Begrün­dungen nicht für ausrei­chend. Die Betreu­ungs­si­tuation, die Belast­barkeit des Kindes und der Mut

Haushaltsgegenstände im Zugewinnausgleich

Urteil des Bundes­ge­richtshofs vom 11.05.2011 Haus­halts­ge­gen­stände, die im Allein­ei­gentum eines Ehegatten stehen, können im Haus­rats­ver­fahren nicht (mehr) dem anderen Ehegatten zuge­wiesen werden und unter­liegen dem Zugewinnausgleich. Nach der Neure­glung in § 1568 b BGB kann sich ein Anspruch auf Überlassung von Haus­halts­ge­gen­ständen nur auf Gegen­stände beziehen, die in gemein­samem Eigentum der Eheleute stehen. Haus­halts­ge­gen­stände, die in Allein­ei­gentum eines Ehegatten stehen, sind sowohl im Anfangs– als auch im Endver­mögen zu berücksichtigen.

Bundesverfassungsgericht: Unterhaltsberechnung bei zwei unterhaltsberechtigten Müttern

Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 25.01.2011 Die Berech­nungs­me­thode der soge­nannten Drei­teilung bei Unter­halts­ver­pflich­tungen für zwei Ehefrauen/Mütter ist verfas­sungs­widrig. Nach früherem Recht war grund­sätzlich die Unter­halts­ver­pflichtung für die zuerst geschiedene Ehefrau vorrangig gegenüber späteren Ehefrauen oder nicht­ehe­lichen Müttern. Dies hat sich mit der Neuerung des Unter­halts­rechts zum 01.01.2008 geändert. In den meisten Fällen sind die Unter­halts­be­rech­tigten gleich­rangig, § 1609 Nr. BGB. Daraus hat die Recht­spre­chung eine Berech­nungs­me­thode entwi­ckelt, wonach, um den Unter­halts­bedarf der einzelnen Betei­ligten fest­zu­stellen, alle Einkünfte zusam­men­ge­zählt und durch drei geteilt werden. Dies hat das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt wegen fehlender Geset­zes­grundlage und wegen Verstoßes gegen das allge­meine Persön­lich­keits­recht für verfas­sungs­widrig erklärt. Die Folge ist aller­dings nicht sehr gravierend, da sich di

Europäischer Gerichtshof: Umgangsrecht des leiblichen Vaters

Euro­päi­scher Gerichtshof für Menschen­rechte, Urteil vom 21.12.2010 Art. 8 der Euro­päi­schen Menschen­rechts­kon­vention gewähr­leistet ein Umgangs­recht des leib­lichen Vaters mit seinem Kind, selbst wenn er noch keine sozial-familiäre Beziehung zu seinem Kind aufbauen konnte. Die beste­hende fami­liäre Beziehung zwischen dem Kind und seinen recht­lichen Eltern hat nicht grund­sätzlich Vorrang gegenüber der auf Abstammung beru­henden Beziehung zum Vater. Es muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Verwei­gerung des Umgangs mit dem Wohl des Kindes vereinbar ist. Der nige­ria­nische leib­liche Vater 5jähriger Zwil­linge lebte von 2003 bis 2008 in Deutschland, seitdem in Spanien. Er hatte ab 2003 eine zwei­jährige Beziehung mit der mit einem anderen Mann verhei­ra­teten Mutter. Die Zwil­linge wurden vier Monate nach Been­digung dieser Beziehung geboren und werden seitdem von der Mutter und deren Ehemann, der recht­licher Vater ist, zusammen mit drei weiteren gemein­samen Kin

Gerichtsbeschluss: Umgang beim Vater mit Übernachtungen auch bei ungünstigen Wohnverhältnissen

Entscheidung des Kammer­ge­richts Berlin vom 10.01.2011: Der Rege­l­umgang umfasst regel­mäßig auch dann Übernach­tungen beim umgangs­be­rech­tigten Elternteil, wenn dessen häus­liche Verhält­nisse — beengte Wohn­ver­hält­nisse, fehlendes Kinderbett, kalter Ziga­ret­ten­rauch - ungünstig sein sollten . Die beiden Kinder waren acht und sechs Jahre alt. Das Amts­ge­richt Tempelhof-Kreuzberg hatte im November 2010 Übernach­tungs­be­suche ange­ordnet. Der Kindes­vater wurde vom Amts­ge­richt verpflichtet, das Rauchen während der Umgangs­zeiten in geschlos­senen Räumen zu unterlassen. Die Beschwerde der Kindes­mutter gegen die Übernach­tungen wurde vom Kammer­ge­richt abge­lehnt. Zwar wohne der Kinds­vater in sehr beengten Verhält­nissen ohne ausrei­chende Schlaf­mög­lich­keiten für seine Kinder. Er habe aber glaubhaft versi­chert, dass er in eine größere Wohnung umziehen und Schlaf­stätten für seine Kinder besorgen wolle. Soweit der Kindes­vater verpflichtet worden sei, das Rauchen wä