Scheidung nach klar geäußertem Willen zur Scheidung auch bei Alzheimer wirksam

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Christian Kieppe aus Münster:

Das Oberlandesgericht Hamm entschied in seinem Beschluss -3 UF 43/13-, dass die Scheidung wirksam ist, auch wenn der an Alzheimer Erkrankte zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Verfahren nicht mehr den Scheidungswillen fassen kann. Vorausgesetzt, die Eheleute leben mehr als ein Jahr getrennt und der Erkrankte hat bezüglich der Trennung seinen Willen klar geäußert und die Wiederaufnahme der Ehe abgelehnt.
Sachverhalt:
Der an Demenz vom Typ Alzheimer erkrankte 60-jährige Antragssteller heiratete im Frühjahr 2011 seine 20 Jahre jüngere Antragsgegnerin. Schon Ende des Jahres kam es zu der Trennung der Eheleute. Die Betreuerin des Antragsstellers reichte im Jahre 2012 den Scheidungsantrag ein. Allerdings widersprach die Ehefrau dem Antrag, weil ihr Mann wohl angeblich an der Ehe festhalten wolle.

Gericht
Das Oberlandesgericht in Hamm hat die Scheidung bestätigt und ist davon überzeugt, dass die Ehe gescheitert ist. Durch die Betreuerin wurde der Antrag wirksam gestellt und wurde auch durch das Betreuungsgericht genehmigt.
Weiter sei die Ehe aus Sicht des Antragsstellers zerrüttet und somit eine Wiederaufnahme der Ehe nicht zu erwarten. Durch die mehr als einjährige Trennung der Eheleute liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Scheidung vor.
Wirksamer Wille trotz Krankheit
Die Beweisaufnahme des Gerichts habe herausgestellt, dass sich der Antragssteller mit Scheidungsabsicht von seiner Ehefrau getrennt hat. Im Rahmen einer Anhörung hat er seinen Willen zur Trennung und Scheidung klar geäußert und auch trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch wirksam geäußert. Bestätigt wurde die wirksame Äußerung durch eine fachärztliche Stellungnahme.

Allgemein zu den Voraussetzungen einer Scheidung
Eine Ehe wird auf Antrag durch das Familiengericht durch Beschluss geschieden, wenn die Scheidungsvoraussetzungen vorliegen.

Scheiden lassen können sich nur die Ehepartner, deren Ehe gescheitert ist. Dies bedeutet, dass die Lebensgemeinschaft zwischen den Ehegatten nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung auch nicht erwartet werden kann. Die Eheleute müssen also getrennt leben und es darf keine Hoffnung mehr bestehen, dass sie wieder zusammenfinden (sogenannte "Zerrüttung der Ehe").

Ein Getrenntleben der Ehepartner ist anzunehmen, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und ein Ehepartner diese auch erkennbar nicht mehr herstellen will. Auch innerhalb der gemeinsamen Ehewohnung ist ein Getrenntleben möglich, wenn „Tisch und Bett" getrennt werden.

1. Scheidung nach einem Jahr Getrenntleben
Wenn beide Ehepartner die Scheidung wollen und seit mindestens einem Jahr getrennt leben, nimmt das Gericht eine Zerrüttung der Ehe an und das Scheidungsverfahren kann eingeleitet werden.
Wenn ein Ehegatte nicht geschieden werden möchte, prüft das Gericht nach Ablauf des Trennungsjahres weiter, ob die Ehe tatsächlich gescheitert ist. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Ehegatte einen neuen Lebensgefährten oder eine neue Lebensgefährtin hat.

2. Scheidung nach drei Jahren Getrenntleben
Sobald die Ehepartner seit drei Jahren getrennt leben und einer der Beiden die Scheidung möchte, geht das Gericht von einer Zerrüttung der Ehe aus und die Scheidung kann beantragt werden.
Hier ist allerdings der sogenannte „Härtefall" zu beachten. Dieser liegt vor, wenn die Scheidung für den nicht scheidungswilligen Ehepartner eine so schwere Härte darstellt, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint. Das Gericht kann dann von einer Scheidung absehen. Als solche "Härtegründe" kommen beispielsweise in Betracht: schwere Erkrankungen, langjährige gemeinsame Pflege eines behinderten Kindes, existenzbedrohende Wirkung der Scheidung mit Selbstmordgefahr.

3. Scheidung unter einem Jahr Trennung
Wenn die Ehe geschieden werden soll, aber die Ehepartner noch kein Jahr getrennt leben, kann dies nur geschehen, wenn die Fortsetzung der Ehe für einen Ehepartner unzumutbar wäre und das aus Gründen, die in der Person des anderen Ehepartners liegen. Folglich wäre es also für den Ehepartner unzumutbar mit dem anderen Ehepartner weiterhin zusammen zu leben, z.B. aufgrund von Gewalttätigkeit, Alkoholmissbrauch oder Prostitution.

In folgenden Fällen wurde die Unzumutbarkeit gerichtlich anerkannt:
Gewalttätigkeit gegen Ehegatten und Familienangehörige ( OLG Stuttgart FamRZ 1988, 1276),
Alkoholmissbrauch (OLG München NJW 1978, 49),
Prostitution (OLG Bremen, FamRZ 1996, 489),
Dauernde Verweigerung des Geschlechtsverkehrs (OLG Hamm FamRZ 1979, 511),
homosexuelle Beziehungen (OLG Schleswig SchlHA 1977, 187).

Bei weiteren Fragen, wenden Sie sich gerne an mich!

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